Wir streiken weiter!

In der Vorbereitung zum erneuten Warnstreik gab es einige Diskussionen im Hause.

Zum einen mit unserem Chef. Pflichtbewusst ist er „not very amused“.

Zum anderen mit den Oberärzten – Wegen Urlaubs und Unterbesetzung sind hier eh nur sehr wenige da.

Mit unseren Patienten und Angehörigen: Alles fragen als erstes noch mehr Geld? Nein sage ich. hier geht es um unsere Arbeitsbedingungen. Damit wir weniger arbeiten müssen und uns dabei besser um unsere Patienten kümmern können. Um mehr Geld geht es uns vor allem bei den Diensten. Also Arbeit, die wir zusätzlich zu unserer normalen 40-Stunden-Woche erledigen.

Natürlich ist es doof, wenn wir nicht da sind. Genau an diesem Tag, wenn man unbedingt ein Arztgespräch sucht. Aber ist es nicht wichtiger, dass wir ausgeruht, wach und fit sind, wenn wir gebraucht werden?

Nach meinem Urlaub in Costa Rica durfte ich neun Tage am Stück arbeiten. Kein Problem, das gehört dazu. Aber 116 Stunden sind eine Menge. Vor allem, wenn es nach zwei freien Tagen wieder munter weiter geht. Deshalb meine ich ja, es würde für den Anfang reichen, wenn die gesetzlichen bestimmungen umgesetzt werden. Aber auch dafür streiken wir. Mein Haus zieht mir rigoros Stunden ab, keiner weiß warum und wofür. Die Personalabteilung kann die Frage nicht beantworten. In anderen Häusern werden Arbeitszeiten gar nicht erfasst. Oberärzte haben teilweise Überstunden von jenseits der 7.000 angesammelt – ohne eine Chance auf Auszahlung oder Freizeit.

Dienste, das heißt eigentlich Bereitschaftsdienst. Weil nur Bereitschaftsdienste dürfen zusätzlich zur 40-Stunden-Woche gemacht werden. Und Bereitschaftsdienste heißt: Wir ruhen, bis wir gebraucht werden. Und zwar zu mindestens 50% im Schnitt. Wie oft es vorkommt, dass ich in meinem nächtlichen Bereitschaftsdienst zu 50% ruhen kann? In 5 Jahren genau zwei Mal. Bei meinen Kollegen eher weniger. Also müssten meine Bereitschaftsdienste eigentlich Vollarbeitszeit sein. Und dafür wiederum mehr Ärzte eingestellt werden. Aber Moment mal, wir haben ja Ärztemangel.

Und unser Hauptproblem, da hilft kein Streik: Der Bürokratiewahnsinn. Ich sitze mehr am Schreibtisch als beim Patienten. teilweise mache ich Arbeiten, die ein Drittklässler machen könnte. Warum? Weil meine Verwaltung pünktlich Feierabend macht. Ich ja sowieso nicht. Oder ich muss irgendwelchen Kram erledigen, weil irgendwelche ahnungslosen Politiker der Meinung sind, dies seien ärztliche Aufgaben. Meint dort etwa ernsthaft jemand, ich hätte Zeit dafür, die Arzneimittelbestellungen meiner Station zu überprüfen?

Also es gibt eine Menge zu tun. Streiken. Und wählen. Aber für letzteres brauchen wir mehr als nur Ärzte.

Beim ersten Streik habe ich etwas mehr zu den Beweggründen des Streiks berichtet.

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