Manchester Triage Chaos

Am Empfang in der Notaufnahme. Damit der Patient, der einen Herzinfarkt hat, nicht drei Stunden warten muss, damit Patienten mit Halsweh oder Rückenschmerzen seit drei Wochen noch behandelt werden, wird hier nach Dringlichkeit sortiert. Da in der Medizin alles sauber dokumentiert werden muss, gibt es hierfür natürlich ein Schema.

Meistens ist es das Manchester Triage Schema oder eine seiner Abwandlungen. Nach diesem werden Patienten einfach nach Dringlichkeit in die Kategorien grün, gelb und rot sortiert. Außerdem spielt die Fachrichtung natürlich noch eine Rolle. So soll jeder den Überblick behalten. Theoretisch.

Um längere Wartezeiten in der Notaufnahme zu übergehen, haben insbesondere regelmäßige Besucher so ihre Tricks drauf. So werden aus Fuß- schnell mal Brustschmerzen und bei der Schmerzangabe (von 0=gar kein Schmerz bis 10=stärkster vorstellbarer Schmerz) wird der eigentliche Wert gleich mit 4 oder 5 multipliziert. Wie man bei dieser Skala mit 12 oder 13 antworten kann, bleibt mir ein Rätsel. Wer noch selbst laufen kann, hat sicher keine 10 (oder mehr) auf der Schmerzskala.

Genau dies führt die Triage aber ins Absurde. Der seltene Gast (der meist eher tatsächlich schwer krank ist) ist mit seinen Angaben viel ehrlicher – und manchmal zurückhaltender. So erhalten Ohrenschmerzen bei Mittelohrentzündung und die akute Blutung in den Bauchraum beide ein gelb. Zum Glück gibt es immer noch schlaue Schwestern, die mir die Akte der Ohrenschmerz-Patientin einfach hinlegen, mich aber beim Patienten mit schweren Bauchschmerzen einfach anrufen – der Patient wurde nur Stunden später operiert. Beide Patienten wurden passend versorgt – auch wenn die Triage nicht passte.

Warten in der Notaufnahme bedeutet, dass es dort, hinter den verschlossenen Türen, hinter den Milchglasscheiben, Patienten gibt, denen es noch schlechter geht. Warten in der Notaufnahme heißt, mir geht es gut genug, dass ich warten kann.

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