Wo nichts rein geht, kann auch nicht raus kommen

Am Wochenende in der Notaufnahme. Es ist relativ viel los. Der Rettungsdienst bringt einen Patienten aus einem Pflegeheim. Gemeldet wird Harnverhalt bei liegendem suprapubischen Katheter. Ein suprapubischer Katheter ist ein Blasenkatheter, welcher direkt in die Bauchwand eingelegt wird. Das ist hygienischer und einfacher zu handhaben und daher eher für Patienten geeignet, welche diesen dauerhaft brauchen.

Ich schaue mir den Patienten an, tatsächlich ist im Urinbeutel nur wenig dunkelbrauner Urin. Der Patient liegt auf der Trage und gibt nur vage unverständliche Laute von sich. Auf dem ersten Blick erkenne ich, dass der Patient an sich relativ trocken ist. Schnell keimt in mir der Verdacht auf, dass der Patient einfach nur zu wenig getrunken hat. Eine kurze Ultraschalluntersuchung zeigt, dass die Blase leer ist. Also produziert die Niere einfach keinen Urin mehr. Ich lasse beim Patienten insgesamt 2 Liter Wasser in die Venen laufen.

Im Verlauf wird der Patient zunehmend wacher und orientiert. Er berichtet, dass er in den letzten Tagen tatsächlich wenig getrunken hat. Prompt fördert der Katheter auch wieder Urin. Glücklicherweise sind die Nierenwerte im Labor noch stabil, so dass wir den Patienten schnell wieder in massiv gebesserten Zustand entlassen können. Ich halte dem Patienten einen Vortrag über ausreichend Flüssigkeitszufuhr und schreibe in dem Brief: Bitte darauf achten dass der Patient ausreichend trinkt. Wo nichts rein geht, kann auch nichts rauskommen.

Über die Pflege im Pflegeheim rege ich mich nicht mehr auf, auch dort sind alle überlastet. Nachdenklich macht mich aber folgendes: Der fehlende Urin ist aufgefallen. Der schlechte Allgemeinzustand des Patienten nicht?

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