Pleiten, Pech und Pannen – rund um den Rettungswagen

Wir arbeiten für unsere Patienten, wollen diesen helfen. Dabei konzentrieren wir uns auf unsere Arbeit, manchmal auch zu sehr. Und passen dabei nicht auf uns auf. Oder unsere Sachen.

Das ging einem frisch geprüften Kollegen bei einem seiner ersten Einsätze auch so. Die Kollegen brachten den Patienten in den Rettungswagen, er selbst nahm ein Teil des Gepäcks mit. Aus Unsicherheit, wohin damit, stellte er den Koffer vor die Seitentür des Rettungswagens. Wo er eine Stunde später immer noch stand. Und vom Rettungswagen wieder abgeholt werden musste.

Ich selbst bin aber auch nicht viel besser. Nach dem Abgeben der Patientin in der Notaufnahme traf ich draußen auf die Tochter, die mit ihrem Auto selbst hierher fuhr. „Hier, das haben Sie bei mir liegen lassen …“ werde ich begrüßt.

Nicht nur liegen lassen, auch runter schmeißen kennen wir. Kennt Ihr Kasaks? Das ist die kliniktypische Oberbekleidung. Nicht unbedingt für den Opernabend geeignet, aber wegen der großen Taschen recht praktisch. Aber nicht dafür geschaffen, dass der Patient bei Rettungsdiensteinsätzen auf dem Boden liegt. Einmal Bücken – Telefon fällt runter. Wieder bücken, um das Telefon aufzuheben, fällt der Melder runter. Beim dritten Mal hat man den gesamten Tascheninhalt in den Händen. und freut sich, dass das Telefon nicht dem Patienten auf den Kopf gefallen ist. Ich habe auf diese Art und Weise schon für ein neues Telefon gesorgt.

Aber auch unser Material fällt schon Mal. Meinem Fahrer ist letztens die BTM-Box runter gefallen. Das ist die Box mit den Betäubungsmitteln, hier muss jede Ampulle einzeln sauber dokumentiert werden. Das wird Spaß machen, den Kontrolleuren das zu erklären …

Patienten haben wir übrigens noch nie fallen lassen. Im Gegensatz zu uns selbst – bei meiner ersten Kinderreanimation bin ich mit so viel Schwung an unseren kleinen Patienten ran, dass ich im danebenstehenden Regal gelandet bin. Die Glasscheibe hat es zum Glück überstanden, die Scherben hätte ich hier absolut nicht brauchen können.

Auch sonst passen wir nicht immer auf uns auf. Bei einem psychischen Ausnahmezustand mit Zwangseinweisung wehrte sich die Patientin gegen uns. Beim Einsteigen stemmte sie ein Bein gegen die Einstiegskante, damit wir sie nicht ins Fahrzeug kriegen. Da sie relativ klein war, nahm ich unüberlegt einfach den kürzesten Weg und hob sie von hinten über ihr eigenes Bein hinweg in den Rettungswagen hinein. Ihr anderes Bein schwebte nun aber in der Luft und der Fuss landete – nun ja, da wo es bei uns Kerlen am meisten weh tut. „Magst Du beim Knabenchor mitsingen?“ – lachte eine Kollegin von hinten.

Nach einer erfolglosen Reanimation eines älteren Herren legten wir diesen wieder zurück ins Bett, damit sich die Familie in Ruhe verabschieden kann. Krach – brach das Bett ein. Nun musste ich der Familie nicht nur erklären, dass ihr Angehöriger tot sei, sondern dass wir auch noch das Bett kaputt gemacht haben.

Auch auf die Angehörigen können wir nicht immer gleichzeitig aufpassen. Die Mutter saß zum Glück auf einem Stuhl, als sie ohnmächtig wurde, während wir ihr Kind versorgten. So eine streßbedingte Synkope lässt sich zum Glück schnell und gut versorgen…

Aber auch beim Fahren gibt es immer wieder Pannen. Ein Patient brauchte Ruhe während der Fahrt in die Klinik. bei uns war es still, man hörte das Martinshorn auf dem Dach, leise den Motor – und irgendwann das laute Fluchen unseres Fahrers über uneinsichtige Verkehrsteilnehmer. Das kam so unerwartet, dass wir hinten erst mal lachen mussten. (Und glaubt mir, wir können verdammt gut fluchen!)

Auch tanken müssen wir immer mal wieder. Zum einen sollte der Tank immer fast voll sein, zum anderen ist die Fahrweise mit Sondersignalen – naja nicht gerade umweltfreundlich. Wir stehen also öfter an einer Tankstelle rum. Und es passiert, was mal passieren muss, der Melder geht während des Tankens. Weg mit dem Schlauch, ab ins Auto und los geht’s (bezahlen dürfen wir dann später). Irgendwie höre ich ein ungewohntes Geräusch auf meiner Seite des Autos und schiele um mich herum als auch in den Rückspiegel: „Öhm, den Tankdeckel machen wir aber schon zu, oder?“ – Also ich will nicht wissen, was die anderen Autofahrer gedacht haben, als wir mitten auf einer Bundesstraße mit Sondersignal anhielten …

Während wir zum Glück bisher immer unfallfrei zum Zielort gekommen sind, haben es scheinbar die kleinen Gartenmauern unseren Fahrzeugen angetan. Meist beim wieder losfahren vor Ort und bisher immer beim Notarzteinsatzfahrzeug. Die Autos bleiben halt Stammgäste in den Werkstätten und beim Bekleber.

Aber auch bei Kleinigkeiten sind wir groß. Meistens sind wir als Notärzte nach dem Rettungswagen da. Sind wir die ersten am Einsatzort, sollten wir das Material mitnehmen. Ich bin mittlerweile zwei Mal vom Patienten wieder zurück zum Auto, um dem Kollegen beim Tragen zu helfen – ich hatte vergessen, das Material mitzunehmen. Das wiegt ja nach Ausführung zwischen 25 und 35 Kilogramm und besteht aus mindestens drei Teilen.

Erfreulicherweise passiert im direkten Patientenkontakt nur selten etwas. Nur dass die Venen in der typischen dunklen Zimmerbeleuchtung und bei kranken Patienten nicht wirklich einfach zu treffen sind. „Das ist Akkupunktur – das gehört bereits zur Therapie“ – meinte ich dazu mal zu einer Patientin. Sie schaute mich eher fragend an, meine Kollegen mussten erst mal lachen.

Die üblichen Dramen, Blut auf dem Sofa, Rettungsdienststiefel auf hellem Teppich, Bilder im Treppenhaus und Flur .. ich bin immer froh, dass die Angehörigen und Patienten das mitmachen. Bisher habe ich – im Gegensatz zu einigen Kollegen – zum Glück noch keine Beschwerden und Zahlungsaufforderungen erhalten.

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